Marwin, ihr seid als Aufsteiger aus der Regionalliga in die Saison gestartet – und am Ende auf einem starken vierten Platz gelandet. Wie fällt dein Fazit der Saison aus?
Marwin Bolz: Wir haben eine richtig gute erste Zweitliga-Saison gespielt und bewiesen, dass wir auch in dieser Klasse in der Lage sind, unseren Spielstil durchzuziehen. Auch wenn am Ende sicherlich noch mehr drin gewesen wäre, sind wir sehr glücklich über die Saison. Dass wir bereits im ersten Jahr so eine gute Rolle spielen würden, hatten wir uns gewünscht, in dieser Form aber nicht unbedingt erwartet.
Wie habt ihr es geschafft, so schnell in der neuen Spielklasse anzukommen?
Wir haben eine riesige Qualität im Kader. Unsere Spielerinnen haben einen extremen Ehrgeiz und den unbändigen Willen, sich stets weiterzuentwickeln. Hinzu kommt: Das Grundgerüst des aktuellen Kaders spielt bereits seit einigen Jahren zusammen, dazu haben wir es geschafft, neue Spielerinnen mit anderen Qualitäten schnell zu integrieren. So konnten wir unseren bestehenden Spielstil beibehalten und weiter verschärfen.
Welche Erfahrungswerte waren im ersten Zweitligajahr besonders wertvoll?
Wir hatten einen Konkurrenzkampf auf allen Positionen, den viele Spielerinnen in dieser Intensität nicht gewohnt waren. Insofern war jede einzelne Spielerin noch mehr gefordert, um ihren Platz zu kämpfen, aber auch an das Team zu denken. Gleichzeitig ist die Intensität in der zweiten Liga noch einmal höher als in der Regionalliga. Wir haben uns gut daran angepasst, wollen aber weiter daran arbeiten, noch gieriger in den Zweikämpfen zu agieren.
In der Hinrunde habt ihr mit spektakulären Spielen wie dem 4:3 nach 0:3-Rückstand gegen den SV Meppen oder dem ersten Auswärtssieg beim 4:1 in Frankfurt einige Ausrufezeichen gesetzt. Welche Partien der Rückrunde bleiben dir besonders in Erinnerung?
Nach unserer sensationellen Hinrunde haben wir eine solide Rückrunde gespielt. Was uns in Erinnerung bleiben sollte, sind Partien wie das 0:4 in Meppen und das 1:3 in Jena, in denen wir hingefallen sind. Nach solchen Partien zeigt sich, welchen Charakter ein Team hat. Wir haben es meist geschafft, wieder aufzustehen. Ich habe größten Respekt vor meinen Spielerinnen, dass ihnen das so oft gelungen ist.
Du sprichst den Charakter des Teams an: Was zeichnet den aktuellen Kader aus?
Jede einzelne Spielerin hört nicht auf und rennt bis zur letzten Sekunde an. Alle haben einen riesigen Willen, den maximalen Erfolg zu erzielen. Dazu ist das Team sehr selbstkritisch und will immer wissen, was es noch verbessern kann. Man darf auch nicht vergessen: Wir haben einen extrem jungen Kader, in dem noch sehr viel Potenzial steckt.
Abseits des Spielgeschehens ist auffällig, wie viel Unterstützung ihr von außen erhaltet – egal, ob daheim oder auswärts: Die HSV-Fans bestimmen meist lautstark die Kulisse. Wie nimmst du das wahr?
Auch in diesem Bereich ist in den vergangenen Jahren einiges gewachsen. Zwischen dem Team und unseren Fans besteht ein enges Bündnis. Wenn man sieht, dass uns unsere Fans durch die gesamte Republik hinterherreisen und mittlerweile sogar eigene Schals und Fangesänge für die HSV-Frauen haben, macht uns das extrem stolz und tut den Spielerinnen sehr gut.
Für dich persönlich war es die erste Saison als Cheftrainer der HSV-Frauen, nachdem du das Team zuvor zwei Jahre als Co-Trainer betreut und auch die U17 angeleitet hast. Was hat sich in dieser Rolle für dich verändert?
Zunächst einmal möchte ich betonen, dass ich sehr dankbar für diese Möglichkeit bin. Ich stehe jeden Tag voller Motivation auf, weil ich meinem Traumjob nachgehen darf. Das macht mich extrem stolz, gleichzeitig bin ich aber auch hungrig, mit dem Team den nächsten Schritt zu gehen. In meiner Rolle als Co-Trainer konnte ich bereits inhaltlich viele Dinge einbringen. Als Cheftrainer geht es nun mehr um das große Gesamtbild, dazu habe ich natürlich mehr Führungsaufgaben. Klar ist aber auch: Ich habe einen sehr starken Staff um mich, der enorm intensiv und leidenschaftlich arbeitet. Sei es Co-Trainer Bilal Afrane, der uns leider aus beruflichen Gründen verlassen wird, Torwarttrainer Marc Kassler, Athletiktrainer Patrick Theinert, Videoanalyst Sander Bursee oder auch unser Physiotherapeut Patrick Leuschner und Betreuerin Susi Rodekamp sowie Catharina Schimpf als Koordinatorin – alle geben stets einhundert Prozent, um unseren maximalen Erfolg zu ermöglichen. Auch Thomas Nörenberg, der in der Hinrunde das Trainerteam unterstützt hat, sowie Horst Hrubesch, der immer ein offenes Ohr hat und mir wertvolle Ratschläge gibt, sind hier natürlich zu nennen.
Gib uns einen kleinen Ausblick: Was dürfen wir in der kommenden Saison erwarten?
Zunächst wird es für uns alle nach der langen und intensiven Saison wichtig sein, abzuschalten und sich zu erholen. Wir werden die Pause nutzen, um weiter an unserer Spielidee zu feilen und zu analysieren, welche Puzzleteile wir für das Erreichen unserer Ziele benötigen. Auch wenn uns einige Spielerinnen verlassen, bin ich davon überzeugt, dass wir einen schlagkräftigen Kader haben werden. Dazu macht es uns stolz, Spielerinnen wie Larissa auf ihrem Weg in die 1. Bundesliga maßgeblich begleitet zu haben. Klar ist: Wir wollen auch in der kommenden Saison offensive Spielfreude zeigen und leidenschaftlich verteidigen.