Im Sport entscheiden oft Zentimeter über Erfolg und Misserfolg, Platz eins oder zwei, Alles oder Nichts. Manche Dinge lassen sich jedoch nicht an Medaillen oder Pokalen bemessen, sondern an dem Weg, über den sie erreicht wurden. So auch die Reise der deutschen U17-Fußballerinnen, die bei der Weltmeisterschaft in Indien denkbar knapp eine Bronzemedaille verpassten und im Elfmeterschießen Nigeria unterlagen – und dennoch auf eine einzigartige Reise zurückblicken.
Denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte das deutsche Team ein beeindruckendes Turnier gespielt – und auch gegen Nigeria eine unfassbare Moral bewiesen: Zwischenzeitlich hatten die Adlerträgerinnen 0:3 zurückgelegen, konnten dann noch auf 3:3 ausgleichen – um dann doch im Elfmeterschießen zu verlieren. Am Ende überwiegt jedoch die Erinnerung an eine außergewöhnliche Zeit. „Wir gehören zu den besten vier Teams der Welt“, sagt HSVerin Svea Stoldt, die bis auf eine Partie in jedem Spiel in der Startelf gestanden hatte. „Darauf können wir sehr stolz sein.“
Der Start in das Turnier verlief optimal: Gegen Nigeria – jener Gegner, gegen den es später nicht zu Bronze reichen sollte – gab es ein 2:1, für das zwischenzeitliche 1:1 hatte die 16-jährige Stoldt gesorgt. „Es war ein sehr schönes Gefühl, solch ein wichtiges Tor zu erzielen“, sagt die Hamburgerin. „Wir haben bemerkt, dass wir das Spiel drehen können – das ist uns dann auch gelungen.“
Nach dem souveränen 6:0 gegen Chile im zweiten Gruppenspiel hatte das DFB-Team den Einzug ins Viertelfinale bereits vorzeitig sicher, im abschließenden Duell mit Neuseeland durfte mit Marlene Deyß dann auch die zweite HSVerin im Aufgebot von Beginn an auflaufen – und erneut gewannen die Deutschen: Mit dem 3:1 sicherte sich das Team von Trainerin Friederike Kromp den Gruppensieg. Im Viertelfinale gegen Brasilien bewies die deutsche Auswahl erneut ihre Qualitäten und gewann mit 2:0, doch im Halbfinale platzte der Traum vom Finale.
In der Neuauflage des Finals der U17-Europameisterschaft, das die Deutschen im Mai dieses Jahres im Elfmeterschießen gegen Spanien für sich hatten entscheiden können, kamen beide Teams zu ihren Gelegenheiten, doch der Ball wollte nicht rein. Und dann fiel doch das entscheidende Tor: Nach einem Einwurf trafen die Spanierinnen in der Schlussminute zum 0:1. „Nach dem Spiel hat man bei uns in der Kabine eine komplette Leere gespürt“, berichtet HSVerin Deyß, deren Team letztlich auch im Duell um Platz drei Nigeria unterlag und damit eine Medaille verpasste.
Es bleibt jedoch vor allem: Der Stolz auf den zurückgelegten Weg, die Erinnerung an das große Abenteuer Weltmeisterschaft. „Ich bin extrem froh, dass ich eine WM erleben durfte“, sagt Stoldt, „das war eine unvergessliche Zeit.“ Ihre Teamkollegin Marlene Deyß pflichtet Stoldt bei: „Wir durften durch den Fußball verschiedene Kulturen und Menschen kennenlernen, das ist ein besonderes Privileg.“
Im Liga-Alltag geht es für die HSV-Frauen um Deyß und Stoldt an diesem Sonntag (6. November, 14 Uhr) mit dem Spitzenspiel der Regionalliga Nord beim SV Henstedt-Ulzburg weiter, bei den DFB-Juniorinnen wächst bereits die nächste Generation heran: Der jüngere U17-Jahrgang um die HSVerinnen Lisa Baum, Melina Bünning und Amira Dahl sicherte sich jüngst souverän den Einzug in die zweite Qualifikationsrunde zur Europameisterschaft.
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Fotos: FIFA/Getty Images